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Intel plant sehr klein in Magdeburg

Im Juni 2021 verabschiedete der US-amerikanische Senat ein Gesetzespaket namens U.S. Innovation and Competition Act (USICA). Sein Ziel ist die Stärkung der amerikanischen Industrie im weltweiten Technologie- und Handelswettbewerb.

Ein halbes lang passierte erst einmal – nichts. Ende November dann forderte Handelsministerin Gina Raimondo das Repräsentantenhaus auf, Subventionen in Höhe von 52 Milliarden Dollar für das Projekt „Creating Helpful Incentives to Produce Semiconductors“ (CHIPS) freizugeben.

Doch diese massiven Industriehilfen sind in den USA umstritten. Unter anderem wird eingewendet, ob das Am-Leben-Erhalten der öffentlichen Verwaltung und die Bekämpfung der Covid-19-Folgen zu priorisieren seien.

Nur 2 Tage nach Raimondos Appell schickten 59 amerikanische Top-Manager, unter ihnen Apples Tim Cook und Intels CEO Pat Gelsinger, einen Brief an die Kongressführung. Inhalt: Es müsse schnell gehandelt werden, um die amerikanische Wettbewerbsfähigkeit in der Chip-Herstellung wiederherzustellen.

Intel-Chef Pat Gelsinger

Intel-Chef Pat Gelsinger

 

Die Weltmarktführung hat Intel spätestens 2020 verloren an die Chip-Giganten TMSC in Taiwan und Samsung in Südkorea, und zwar nicht nur was die jährlichen Umsätze angeht, sondern auch – und das ist perspektivisch viel schlimmer – technologisch.

Pat Gelsinger heuerte 1979 bei Intel als 18-jähriger an und blieb dem Unternehmen 30 Jahre lang treu, bis 2009. Zuletzt war er als „Senior Vice President“ verantwortlich dafür, die Führerschaft des Konkurrenten AMD bei Multicore-Prozessoren zu beenden. „Thats what great companies do.“, so charakterisierte der bekennende Christ und sonntägliche Bibelspruch-Twitterer Pat Gelsinger seine Aufgabe damals.

Im Februar 2021 holte Intel Gelsinger zurück, dieses Mal als CEO und mit dem neuen Auftrag, die Chip-Marktführerschaft aus Südost-Asien zurückzuholen. Die Intel-Strategen setzen auch auf globales Einkaufen. Just zu Gelsingers Wiedereinstieg bei Intel gab Intel am 15. Februar den Kauf des israelischen Chip-Konzerns Tower Semiconductor für 5,4 Milliarden Dollar bekannt. Das war bereits der sechste Einkauf in Israel in 4 Jahren. Begonnen, der eine oder andere Leser mag sich daran erinnern, hatte Intels Israel-Shoppingtour 2017 mit der Übernahme des Hightech-Spezialisten für Autonomes Fahren Mobileye für 15 Milliarden Dollar.

Gelsinger hat für seine neue und insgesamt wesentlich teurere Aufgabe bei Intel noch ein anderes, wohl bekanntes Ass im Ärmel: Europas Wunsch, im Konzert der Chip-Giganten mitspielen zu dürfen. Der europäische Knowhow-Rückstand im weltweiten Vergleich, mittlerweile in Jahrzehnten angegeben, führte wie alle wissen zu einer hoch-riskanten Technologie-Abhängigkeit. Intel kommt da wie gerufen.

Denn Intel verspricht Europa viel: Nicht nur hochmoderne Chip-Produktion sowie Design- und Fertigungsdienstleistungen in „Foundries“ in verschiedenen Ländern, sondern auch Forschung und Entwicklung in Zusammenarbeit mit führenden Instituten, unter anderem mit Fraunhofer in Deutschland. Nahe Paris, auf dem Plateau de Saclay, soll Intels europäisches Forschungs- und Entwicklungszentrum mit 1.000 neuen Hightech-Arbeitsplätzen entstehen, von denen 450 bis Ende 2024 besetzt werden sollen. Der französische Schwerpunkt wird auf High Performance Computing (HPC) und Künstliche Intelligenz gelegt mit Anwendungen in der Automobilwirtschaft, Landwirtschaft, Energie- und Klimaforschung, in den Biowissenschaften und in der Pharmazie.

Intels ganz großes technologisches Ziel aber ist die Einführung der „Angström-Technologie“ in die Chip-Produktion. Das Angström ist eine in Physik und Chemie durchaus gebräuchliche Längeneinheit, es steht einfach für „ein Zehntel Nanometer“. Die Angström-Technologie ist also nichts anderes als die gewaltige Herausforderung, die gegenwärtigen Chip-Leiterstrukturen in Größen mehrerer Nanometer um den Faktor Zehn zu verkleinern.

Das wird ein Technologie-Sprung werden, der wohl unvermeidlich kommen muss und ebenso unvermeidlich sehr teuer wird. Intel bittet dafür sowohl die amerikanische als auch die europäischen Regierungen sowie die EU mit zur Kasse. Für die USA und für Europa geht Intel von jeweils 100 Milliarden Dollar bzw. Euro Investitionsvolumen bis 2032 aus. In den europäischen 100 Milliarden, von denen Intel angeblich 40 Milliarden als Subventionen einfordert, sind die diese Woche Magdeburg bis 2027 versprochenen 17 Milliarden für eine ultramoderne Chip-fab enthalten.

Intels geplante Architektur für Magdeburg
Intels geplante Architektur für Magdeburg

 

Werden in Magdeburg in absehbarer Zukunft Chips mit unvorstellbar kleinen Strukturgrößen, einhergehend mit heute unerreichbar hoher Rechenleistung bei niedrigstem Stromverbrauch, entwickelt und gebaut werden? Gehen Pat Gelsingers weltweite Pläne auf, kann Intel Südostasien in Schach halten und die Rückeroberung der Chip-Marktführerschaft Realität werden. Er hätte wieder einmal seinen Job gemacht.

Quellen:

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