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Teil 3, 30.12.2020 - Deep Learning

Karl Anders Ericsson (1947-2020) war bekannt als „The world’s top expert on expertise“. Seine Lebensaufgabe fand er in der Frage, wie jemand durch Lernen und Üben zum Experten wird. Ericsson erkannte, dass erfolgreiche Musiker, Sportler, Schachspieler usw. bis zu ihrem 20. Lebensjahr etwa 10.000 Stunden in das intensive Selbststudium ihres jeweiligen Fachs investiert und dabei ihr Wochenpensum kontinuierlich auf 30 Stunden und mehr erhöht hatten, während Amateure ihrem Hobby kaum mehr als 10 Stunden pro Woche widmeten.

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Wir definieren im Folgenden Künstliche Intelligenz, in dem wir Ericsson’s Sicht übertragen auf Computer, nämlich als deren selbstständiges Trainieren einer Fähigkeit bis zum Expertentum. Als instruktives Beispiel dafür nehmen wir das Strategiespiel Schach. Ob der Leser Schach irgendwie kennt, es selbst spielt oder sogar Experte darin ist, tut im Folgenden nichts zur Sache. Das Spiel eignet sich für die Entwicklung Künstlicher Intelligenz deshalb gut, weil es im Grunde nur einen nicht allzu komplexen und abgeschlossenen Satz klar definierter Regeln darstellt, den man vergleichsweise einfach in Computersprache übersetzen kann. Zudem lässt sich aus nationalen und internationalen Ranglisten anhand einer sogenannten „Elo-Punktzahl“ der erreichte Grad an Expertise objektiv für Menschen und Computer angeben.

Bislang lief es so: der Computer kennt die aktuelle Figurenstellung, diese wird durch einen programmierten Algorithmus geschickt und am Ende steht als Ergebnis der nächste Spielzug. Wie gut das funktioniert, wie erfolgreich ein Computer spielt, hängt (abgesehen von seiner Rechenleistung) von der Qualität des Schachalgorithmus ab – und damit von der Expertise seiner menschlichen Programmierer. Das ist noch keine KI im Sinne der obigen Definition des selbstständigen Übens.

Stattdessen fordern wir: der Algorithmus wird nicht vorgegeben, sondern der Computer lernt immer erfolgreicher zu spielen, indem er allein, ohne menschliche Hilfe, seinen eigenen Spielalgorithmus findet, ändert und weiter optimiert. Eine solche Maschine erwürbe, ganz im Sinne Ericsson‘s, Expertise durch Lernen und Üben! Nur: an diese Möglichkeit glaubten vor dem 5. Dezember 2017 nur Wenige.

Aber genau an diesem Tag verkündete „Deep Mind“, das KI-Forschungsunternehmen des amerikanischen Alphabet-Konzerns, dass ihre Künstliche Intelligenz namens AlphaZero ganze 4 Stunden benötigt habe vom Erlernen der Schachregeln bis – durch Spielen gegen sich selbst – zu einer Spielstärke, um damit anschließend „Stockfish“ zu schlagen, die bis dahin weltbeste, aber konventionell programmierte Schachsoftware. Das Ergebnis nach 100 Partien lautete: 28-72-0, also 28 Siege, 72-mal Remis, keine Niederlage. Ein erdrutschartiger Gesamtsieg für AlphaZero! [DeepMind Team: Mastering Chess and Shogi by Self-Play with a General Reinforcement Algorithm, 2017.]

Man schätzte im Nachhinein die Elo-Punktzahl von AlphaZero auf über 3700 – erreicht in 4 Stunden! Schachweltmeister Magnus Carlsen dagegen hat sein bisheriges Leben damit verbracht, auf „nur“ 3450 Elo-Punkte zu kommen. Sein Sekundant Peter Heine-Nielsen kommentierte AlphaZero’s Spielstärke so: „Ich habe mich immer gefragt, was passiert, wenn höhere Wesen auf der Erde landen und uns zeigen, wie sie Schach spielen. Jetzt weiß ich es.“

AlphaZero’s Selbstlernprinzip heißt „Deep Learning“ und es beruht auf sogenannten „neuronalen Netzen“. „Deep Learning“ ist die Königsklasse der KI und funktioniert bislang nur in ausgewählten Spezialfällen wie eben beispielsweise Strategiespielen.

In den nächsten Wochen werden wir die Ansprüche wieder herunterfahren und weniger streng KI sowie „Machine Learning“ definieren. In der Zwischenzeit üben Sie Schach, Tennis oder Klavierspielen oder beteiligen sich am neuronalen Netzwerk Leela, einer Open-Source-Variante von AlphaZero – am besten mit einem leistungsstarken PC von omtec.de.

Tags: KI

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