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Teil 12, 05.03.2021 - Quantencomputer

Teil 12, 05.03.2021 - Quantencomputer (Lesezeit: ca. 3 Minuten)

Computer rechnen mit Nullen und Einsen. Sie funktionieren mit allem, was 2 Zustände annehmen kann. Mit Schaltern, Relais, Transistoren oder was auch immer sind mechanische und elektromechanische Computer realisierbar. Erinnert sei an Konrad Zuses legendären „Z3“ aus dem Jahr 1941, dem ersten funktionsfähigen Computer der Welt – gebaut mit Relais.

Quantenkatze

Als die Festkörperphysiker in den 1950er Jahren begannen, elektrische Schaltungen mit Bauteilen aus Halbleiter-Materialien zu entwickeln, wurden Computer elektronisch. Transistoren, Dioden usw. lassen sich nämlich wunderbar miniaturisieren.

Aber nur bis zur Grenze zwischen Makro- und Mikrophysik. Die jetzt fast erreicht ist, was wir daraus ablesen können, dass das Mooresche Gesetz, die Verdoppelung der Transistoren-Anzahl auf Mikrochips rund alle 2 Jahre, nicht mehr gilt.

Wenn wir künftig in der Computer-Entwicklung weiterkommen wollen, müssen wir die Grenze zur Mikrophysik überschreiten. Nur: einzelne Moleküle, Atome, die elementaren Teilchen, die „Quanten“ der mikrophysikalischen Welt, lassen sich mit unserer klassisch-anschaulichen Schulphysik nicht beschreiben, sondern nur mit der formal-abstrakten, schwer oder gar nicht der menschlichen Vorstellung zugänglichen Quantenmechanik.

„If you think you understand quantum mechanics, you don't understand quantum mechanics.“ Dieses Zitat wird dem amerikanischen Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman (1918-1988) zugeschrieben. Zweifellos von Feynman, der für seine manchmal derbe Ausdrucksweise bekannt war, ist folgende Ansage aus dem Jahr 1981: „Nature isn’t classical, dammit, and if you want to make a simulation of nature, you’d better make it quantum mechanical.“ Vor genau 40 Jahren schon drängte Feynman zum Bau von Quantencomputern. Aber was ist eigentlich ein Quantencomputer?

Ein klassisches Bit als kleinste Informationseinheit kann 2 Zustände annehmen: 0 oder 1 (Strom aus / Strom ein, magnetischer Nordpol nach unten / nach oben usw.). Ein Quantenbit oder „Qubit“ (auch: „künstliches Atom“) wird quantenmechanisch mit Zustandsfunktionen beschrieben. Diese können sich überlagern: das „Superpositionsprinzip“ der Quantenmechanik erlaubt Zustände zwischen 0 und 1. Will man wissen, in welchem Zustand sich ein Qubit befindet, muss man „nachschauen“, Quantenphysiker sagen lieber „messen“. Jede quantenmechanische Messung allerdings beeinflusst das Messobjekt. Das Qubit wird dabei einen der Zustände 0 oder 1 annehmen.

Die – theoretisch erreichbare – Überlegenheit eines Quantencomputers resultiert aus der Kombination von Qubits: 3 Qubits können 2 hoch 3 = 8 Zustände repräsentieren, bei 64 Qubits sind es 2 hoch 64 = 18.446.744.073.709.600.000 Zustände – und zwar gleichzeitig!

Mit 64 klassischen Bits kann man ebenfalls 2 hoch 64 Zustände repräsentieren, aber nur einen einzigen pro Zeitpunkt. Wenn man alle durchprobieren wollte (grob 1 Million Terabyte) mit einer heute typischen Geschwindigkeit von 2 Milliarden Operationen pro Sekunde, würde das 400 Jahre dauern. Das ist gemeint, wenn es heißt, Quantencomputer werden einmal Probleme angehen können, die für klassische Computer „praktisch unlösbar“ sind.

Noch ein Beispiel: 160 Qubits ersetzen 10 hoch 48 klassische Bits. Ein herkömmlicher Computer wäre damit 10-mal schwerer als die Erdmasse!

Die Rechenleistung von Quantencomputern würde alles Klassische weit übertreffen. Damit wären sie natürlich auch eine Option für Künstliche Intelligenz. Weshalb Quantencomputer und Künstliche Intelligenz manchmal in einem Atemzug genannt werden. Etwas naheliegender könnten Quantencomputer-Anwendungen in der Materialforschung sein, weil atomare bzw. molekulare Zustände zu berechnen sind. Eine Aufgabe, die strukturell an die Funktionsweise von Quantencomputern ankoppelt.

Würde. Wäre. Könnte. Wenn man die empfindsamen Qubits in den Griff bekäme. Jede kleinste Störung ändert unkontrolliert ihren Zustand. Deshalb müssen Qubits bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt, in Photonen-loser Dunkelheit und/oder im Vakuum eingesperrt werden. Quantencomputer könnten nicht nur superschnell rechnen, sie müssten es auch, denn die Qubit-Lebenszeit, ihre „Kohärenz“, beträgt auch unter extremen Bedingungen höchstens ein paar Sekunden. Zudem ist die Qubit-Mathematik fehleranfällig. Man nimmt an, dass man für jedes rechnende Qubit 1000 Qubits für dessen Fehlerkorrektur braucht.

Trotz allem oder gerade deswegen gibt es unterschiedliche Ansätze zur Realisierung von Quantencomputern. Und es werden schon Quantencomputer sowie auch Rechenzeit auf Quantencomputern verkauft. Aber wohl nur, um die ersten Experten langsam mit der zunächst absonderlich scheinenden Gedankenwelt von Quantencomputern vertraut zu machen. Wer als erster einen Fuß in der Tür hat und am lautesten ruft, ist technologisch vorne, könnte das Motto der Marketingstrategen der Quantencomputer-Konkurrenten IBM, Google und Co. sein.

Unabhängige Experten äußern sich zurückhaltender zur Entwicklung von Quantencomputern, das zeigt eine kurze Recherche im Netz: bis Quantencomputer sinnvoll einsetzbar sind, wird Zeit ins Land gehen. Die Voraussagen reichen von 10 Jahren, über 15, 20, 30 Jahre bis „Nie“.

Was ein Quantencomputer heute schon kann, kommt ebenfalls seiner Funktionsweise entgegen: das Generieren von Zufallszahlen. Er addiert zwei unbekannte Zahlen, die Summe ist reiner Zufall und sie ändert sich beim Auslesen noch einmal. Fehler spielen keine Rolle, das exakte Ergebnis ist nicht gefragt, nur dessen Zufälligkeit.

Ob die von Schrödinger zusammen mit einem radioaktiven Präparat in eine Kiste gesperrte Katze noch lebt, erfährt man erst, wenn man nachschaut (wie gesagt: wir „messen“ ihren Zustand). Bis dahin ist ihr Zustand unbestimmt: sie lebt und sie ist tot. So ist es auch mit Quantencomputern: sie sind da und sie sind nicht da – gleichzeitig!

Wenn Sie das nächste Mal von Quantencomputern hören, lehnen Sie sich erst Mal für 10 Jahre oder für immer zurück. Und erfreuen sich an der Funktionalität und Zuverlässigkeit eines realen Industrie PC von Omtec!

Tags: KI

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